Die Bedeutung des Begriffs Hatha-Yoga geht zurück auf das Sanskrit-Wort für Kraft, Gewalt, Hartnäckigkeit. Dabei bildet die Silbe Ha die erhitzende Kraft der Sonne ab, die Silbe Tha die kühlende Stille des Mondes. Die vollständige Definition des Wortes Hatha umfasst also immer den Widerstreit gegensätzlicher Energien.
Genau so, wie die beiden Himmelskörper gegensätzlicher Natur sind und beispielsweise Tag und Nacht oder männliche und weibliche Kräfte symbolisieren, so ist es Ziel des Hatha-Yoga, Gegensätze auszugleichen. Mit diversen Körperübungen (Asanas) und Atemübungen (Pranayama) wird dieser Ausgleich der Gegensätze erreicht. Bewusst spüren, was muss angespannt werden, um in die Asana zu kommen bzw. sie zu halten, aber was und wo kann man dagegen auch entspannen und loslassen? Auf körperlicher Ebene entwickelt sich mit der Zeit und der regelmäßigen Übung ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Stabilität der Muskeln und der Beweglichkeit der Gelenke. Auf energetischer Ebene kann Energie (Prana) wieder frei fließen.
Diese Yoga-Tradition geht wahrscheinlich zurück auf Matsyendra (etwa 6. und 7. Jahrhundert), einem indischen Gelehrten und Fischer und dessen Schüler Goraksha. Erst einige Jahrhunderte später (14. Jahrhundert) schrieb Swatmarana die Hathapradipika nieder, in der er das Hatha-Yoga mit all seinen Techniken, Asanas und deren Wirkungen ausführlich erläuterte.
Der besonders in der westlichen Welt beliebte Yoga-Stil setzt sich aus den drei Komponenten: Körper, Atem und Meditation zusammen. Das kombinierte Üben dieser drei Komponenten fördert Beweglichkeit (körperlich und geistig!), fördert Geduld und Gleichmut und fördert auch Achtsamkeit im bezug auf sich und andere. Hatha-Yoga ist daher viel mehr als ein Trainings- oder Gymnastikprogramm zur Stärkung der Muskulatur. Das wirklich Schöne dabei ist, dass es Übungen für A L L E, egal welches Fitnesslevel, egal welches Alter, egal welches Geschlecht, egal welches Gewicht, und und und …, gibt.
Zu einer förderlichen Yoga-Praxis gehört die richtige Einstellung. Wenn man mit Yoga beginnt, sollte man nicht nur halbherzig üben, weil z. B. die Arbeitskollegin oder Freundin auch zum Yoga geht. Man sollte sich ganz bewusst und aktiv einlassen, den Körper (wieder) bewusst wahrnehmen, spüren. Dann erst können sich Anspannungen, Verspannungen und Blockaden (körperlich und geistig) lösen und sich schließlich Entspannung einstellen.
Dabei mag es gerade zu Anfang gewöhnungsbedürftig sein, sich bewusst nur mit Atmung und Bewegung auseinanderzusetzen, die Wirkung auf Körper und Geist bleibt aber (bei regelmäßigem) Üben nicht aus. Außerdem gibt es auch spezielle Hilfsmittel wie Yoga-Gurt oder Yoga-Blöcke, die gut geeignet sind, um die einzelnen Stellungen einfacher einzunehmen bzw. auch um Abwechslung in die regelmäßige Praxis zu bringen.
Den Schwierigkeitsgrad steigern kann man, indem man sukzessive, die einzelnen Asanas länger oder intensiver (mit speziellen Atemtechniken) hält, um dadurch noch beweglicher und fokussierter werden. Außerdem gibt es für jede Asana zahlreiche Varianten.
Körperübungen (Asanas) im Hatha-Yoga
Die einzelnen Übungen schaffen ein Gleichgewicht zwischen Körper und Geist. Hatha-Yoga kräftigt Muskeln, Sehnen und Bänder und löst Energieblockaden – das lässt die Energie wieder fließen und aktiviert innere Heilkräfte. Manche Asanas können die Wirbelsäule strecken oder sie beweglicher machen, andere Asanas verbessern die Gehirnleistung, wieder andere Asanas regen die Verdauung an und erhöhen die Funktionstüchtigkeit der inneren Organe und nochmal andere Asanas helfen beim Loslassen oder verbessern das Selbstbewusstsein im positiven Sinn …
Atemübungen (Pranayama) im Hatha-Yoga
Die Atmung gehört nicht nur zu den wichtigsten Funktionen des Körpers, es ist die wichtigste Funktion des Körpers. Das kann man daran sehen, dass Lebewesen ohne Nahrung relativ lange überleben, selbst ohne Wasser kann man auch noch länger als einen Tag überleben, aber ohne Atmen, ohne Sauerstoff und Lebensenergie schafft es der beste Apnoe-Taucher nicht länger als einige Minuten …
Durch unseren modernen Lebensstil, also langes Sitzen, Alltagsstress, Anspannung oder Fehlhaltungen atmen sehr viele Menschen viel zu flach. Die Folge davon ist, dass sie sich rasch matt und müde fühlen. Mit Hatha-Yoga kann man wieder zu seiner natürlichen Atmung finden und so dem Körper genügend Sauerstoff und Lebensenergie (Prana) zur Verfügung stellen. Mit einer ruhigen Atmung entspannt sich der Körper einfacher und der Geist wird wieder konzentrierter und weniger sprunghaft. Atemübungen können sich dabei positiv auf Ängste, Lampenfieber und sogar Depressionen auswirken.
Tiefenentspannung (Shavasana) im Hatha-Yoga
Eine Hatha-Yoga-Stunde wird immer mit Entspannungsübungen oder einer Meditation beendet. Dabei werden Stresshormone abgebaut, das Immun-system gestärkt und ein Gefühl von Entspannung stellt sich ein. Als Neu-Einsteiger sollte man gerade bei der Tiefenentspannung geduldig mit sich selber sein. Es dauert schon ein Zeit lang, bis sich das Gedankenkarussell langsamer dreht bzw. auch vollständig anhält und sich wirklich Tiefenentspannung einstellt.
Aus dem Hatha-Yoga heraus haben sich über die Jahre noch weitere Yoga-Richtungen entwickelt wie z. B. Ashtanga-Yoga, Bikram-Yoga, Iyengar-Yoga, Jivamukti-Yoga oder auch Sivananda-Yoga. Alle haben sie das Ziel, zuerst den Körper über die Asanas anzustrengen, um dann noch besser entspannen zu können. So wird der optimale Körperzustand für eine Meditation erreicht und um den Geist ruhen zu lassen, das Bewusstsein in den Moment des Hier und Jetzt zu bringen.
Wohl. Wohler. Pudelwohl.
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