(11) Stehende Vorwärtsbeuge – Pada-Hastasana oder Uttanasana
Die Stehende Vorwärtsbeuge ist die 11. und somit vorletzte Haltung in der Rishikesh-Reihe von Swami Sivananda und lässt sich drei Hauptübungsfelder gleichzeitig zuordnen: den Standhaltungen, den Vorwärtsbeugen und den (Teil-)Umkehrstellungen.
Es gibt zwei Sanskrit-Begriffe für die Stehende Vorwärtsbeuge:
(1) Pada-Hastasana: Pada – Bein, Fuß Hasta – Hand, Asana – Haltung, Stellung
also Fuß-Hand-Haltung
(2) Uttanasana: Ut – intensiv, tan – dehnen, ausstrecken, Asana – Position, Stellung
Die Stehende Vorwärtsbeuge ist eine der wichtigsten Yoga-Haltungen überhaupt und so auch Bestandteil des Yoga-Sonnengrußes. Sie eignet sich wunderbar einfach mal zwischendurch, um neue Energie tanken. Ganz besonders, wenn man etwas müde und abgeschlagen ist, einfach den Oberkörper und den Kopf nach vorne aushängen lassen und man fühlt sich wieder frischer und kraftvoller.
Stehende Vorwärtsbeuge – Wirkung auf den Körper
Die Stehende Vorwärtsbeuge hat teilweise die gleichen Wirkungen wie die Sitzende Vorwärtsbeuge (Übung 5 in der Rishikesh-Reihe). Dadurch dass der Kopf tiefer als das Herz ist während der Haltung unterstützt die Stehende Vorwärtsbeuge die Blutzufuhr zum Gehirn.
Uttanasana kräftigt die Oberschenkelvorderseite und die Knie, dehnt gleichzeitig die gesamten Beinrückseiten. Sie kann Verspannungen in Rücken und Nacken lösen, wenn man in der Position den Oberkörper und den Kopf wirklich loslassen und einfach locker hängen lassen kann. Die Wirbelsäule bleibt oder wird wieder flexibler. Die Hüften werden mobilisiert. Es wird auch die Verdauung angeregt durch eine sanfte Stimulation von Leber und Nieren. Frauen können durch regelmäßiges Üben Wechseljahresbeschwerden lindern.
Durch die verstärkte Blutzufuhr im Kopfbereich wirkt die Stehende Vorwärtsbeuge auch gut gegen Kopfschmerzen, Bluthochdruck und Schlafstörungen.
Weiterhin wird ihr eine beruhigende Wirkung zugeschrieben, deshalb wird sie bei Stress, Erschöpfungszuständen und allgemeinen Ängsten empfohlen.
Bitte Vorsicht bei:
- Akuten Rückenbeschwerden
- Ischiasbeschwerden
- akutem Bandscheibenvorfall, eventuell dann nur mit leicht gebeugten Knien üben
- Wirbelsäulenverletzungen
Gedehnte Muskeln in der Stehenden Vorwärtsbeuge
- Gastrocnemius (Wadenmuskeln)
- Beinbeuger (Bizeps femoris)
- Gluteus (Gesäßmuskeln)
- Longissimus (Rückenstrecker)
Gestärkte Muskeln in der Stehenden Vorwärtsbeuge
- Beinstrecker (Quadrizeps femoris)
Stehende Vorwärtsbeuge –
Wirkung auf den Geist
Die Stehende Vorwärtsbeuge hat eine sehr beruhigende Wirkung auf den Geist und das sich immer drehende Gedankenkarussell. Hingabe und Demut entwickeln sich.
Stehende Vorwärtsbeuge – energetische Wirkung
Uttanasana wirkt insgesamt aktivierend, belebend, erfrischend und energetisierend.
Stehende Vorwärtsbeuge und die zugeordneten Chakren
- Muladhara Chakra (Steißbeinbereich)
- Sahasrara Chakra (Scheitelgegend)
Stehende Vorwärtsbeuge – Warum?
In der Stehenden Vorwärtsbeuge hängt der Kopf (locker!) unterhalb des Herzens, was vermehrt frisches und sauerstoffreiches Blut in das Gehirn fließen lässt. Das revitalisiert und verjüngt die Zellen. Diese Wirkung kann sich allerdings nur entfalten, wenn die Übung korrekt ausgeführt wird (Kopf, Nacken, Schultern und den gesamten Oberkörper locker aus der Hüfte heraus nach vorne beugen und einfach hängen lassen und gleichmäßig tief atmen).
Uttanasana verbessert die gesamte Körperhaltung und macht Wirbelsäule und Becken flexibel. Je weniger die Hüften bei dieser Haltung gebeugt werden können (das gelingt immer besser), desto mehr Flexion erfährt die Wirbelsäule. Hier wird in der Haltung jetzt der Bauch zusammengepresst und diese Kompression zusammen mit der Schwerkraft bewegt das Zentrum des Zwerchfells in Richtung Kopf, sodass die Atmung mehr Freiraum auf der Rückseite des Brustkorbs benötigt.
Die Dehnung der Beinrückseiten und der Kniekehlen sollte man gerade dann, wenn man die Stehende Vorwärtsbeuge neu in sein Übungsprogramm aufgenommen hat, nur der Schwerkraft überlassen und sich langsam immer weiter nach unten “atmen“. Mit jedem Ausatem immer mehr loslassen, der Körper gibt dann von selbst nach.
Übende, die Spannung im Bereich der Beinrückseiten wahrnehmen, versuchen oft, sich mithilfe der Hüftbeugemuskulatur tiefer zu ziehen (vor allem dann, wenn sie sehen, dass der Mattennachbar scheinbar ganz leicht mit der flachen Hand den Boden berühren kann), was leider zu einer Blockade an der Hüftvorderseite nach sich ziehen kann. Besser ist es dann, einfach die Knie leicht anzubeugen, damit die Hüftgelenke beweglicher sind und so die untere Wirbelsäule entlastet wird.
Stehende Vorwärtsbeuge – Tipps
Die korrekte Ausführung der Position ist sehr wichtig, damit sich die Wirkungen voll entfalten können. Deshalb ist es völlig in Ordnung, anfangs die Knie leicht anzuwinkeln.
Bei Rückenbeschwerden empfiehlt es sich sowieso, die Asana nur mit angewinkelten Beinen zu üben.
Das Vorbeugen des Oberkörpers nie forcieren, sondern den Oberkörper entspannen und die Dehnung im Körper bewusst wahrnehmen, vielleicht sogar genießen. Die Schwerkraft nutzen.
Bei Verletzungen in Knien, Rücken, Hüften, Oberschenkeln oder Schultern, die noch nicht 100 prozentig verheilt sind, ist die Stehende Vorwärtsbeuge nicht zu empfehlen.
Während der Übung unbedingt auf eine gleichmäßige, ruhige und tiefe Atmung achten. Um aus der Übung zu kommen, rollt man sich am besten mit runden Rücken langsam Wirbel für Wirbel nach oben. So kann vermieden werden, dass ein Schwindelgefühl auftritt.
Wer die Stehende Vorwärtsbeuge schon länger übt, kann, um die Dehnung von Beinrückseiten und Fußgelenken noch zu intensivieren, eine aufgerollte Decke oder ein Buch unter Zehen und Fußballen legen.
Stehende Vorwärtsbeuge – Alternativen
- Ardha Uttanasana – halbe Vorwärtsbeuge: Hände auf einer Erhöhung abstellen
- Parsva Bhaga Uttanasana – seitliche Vorbeuge
- fortgeschritten: Purna Uttanasana
- weit fortgeschritten: Niralamba Uttanasana
- sehr weit fortgeschritten: Tiryang-Mukha Uttanasana: Oberkörper wird nach hinten unten gebeugt
Wohl. Wohler. Pudelwohl.
Wohlbefinden in jedem Alter.
Nächste Woche: Teil 12, Dreieck
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